Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow fordert mittelfristig eine europäische Friedensordnung unter Einbeziehung Russlands. «Alle Teilnehmerstaaten müssen einen Nichtangriffspakt schließen und eine Verteidigungsgemeinschaft bilden, die sich darauf konzentriert, Konflikte auf dem europäischen Kontinent zu lösen», sagte der Linken-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Ramelow räumte ein, dass ein solcher Schritt aktuell nicht denkbar sei. «Natürlich geht das nicht mit einer Diktatur, einem Unterdrückungsapparat, und (Präsident Wladimir) Putin ist auch kein Vertreter von Freiheit und Frieden. Aber wir müssen das Land im Blick behalten - und diejenigen stärken, die Veränderung in Russland wollen.» Der Krieg gegen die Ukraine und die massive Repression im eigenen Land könnten Kräfte in der russischen Gesellschaft freisetzen. «Darauf sollte man vertrauen.»
Ramelow versicherte, er sei nicht gegen die Nato, sondern für eine Neuordnung der europäischen Verteidigung. «Deutschland braucht eine Armee zur Landesverteidigung, die ihren Namen verdient. Daher bin ich strikt dafür, die Bundeswehr gut auszustatten. Aber wir müssen Europa endlich als Ganzes denken, und da gehört Russland auch dazu.»
Warnung vor «schwelenden Konflikten, die Putin jederzeit hochziehen kann»
Der Ministerpräsident betonte die Risiken der aktuellen Lage. Moldau und Georgien sollten in die EU aufgenommen werden, obwohl es in beiden Staaten ungeklärte territoriale Konflikte gebe. «In der moldauischen Region Transnistrien lagern sämtliche Waffen, die die Sowjetarmee in der DDR besessen hat. Das sind schwelende Konflikte, die Putin jederzeit hochziehen kann», warnte Ramelow.
Er verwies zugleich auf die von Deutschland geführte Nato-Brigade, die dauerhaft in Litauen stationiert werden soll. «Und in der Duma in Russland liegt ein Antrag, die Souveränität Litauens aufzuheben. Wenn der behandelt wird, kann es ganz schnell gehen, und wir sind mitten im Krieg.»
In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen lag die AfD zuletzt vor der CDU und auch vor den Parteien der rot-rot-grünen Minderheitsregierung. Die AfD lehnt - ebenso wie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) - Waffenlieferungen an die Ukraine strikt ab und dringt auf Verhandlungen mit Russland.
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