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Thüringer Demokratieprojekte warnen vor zunehmendem Einfluss antidemokratischer Kräfte im Freistaat

Blick auf das Parteilogo bei einem AfD-Bundesparteitag. / Foto: Carsten Koall/dpa/Symbolbild
Blick auf das Parteilogo bei einem AfD-Bundesparteitag. / Foto: Carsten Koall/dpa/Symbolbild

Mehrere Organisationen der Zivilgesellschaft geben seit 2020 die «Thüringer Zustände» heraus. Die Autoren warnen vor zunehmendem Einfluss von Antidemokratien und einer Normalisierung der AfD.

Thüringer Demokratieprojekte warnen vor zunehmendem Einfluss antidemokratischer Kräfte im Freistaat. Ein wesentlicher Treiber für das Erstarken von rechtsextremen, rechtspopulistischen, rassistischen und antisemitischen Tendenzen in Thüringen sei die AfD, wie Autoren in einer Aufsatzsammlung mit dem Titel «Thüringer Zustände» deutlich machten, die am Montag in Erfurt vorgestellt wurde. Der wissenschaftliche Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft, Axel Salheiser, sagte während der Vorstellung der Publikation, auch die aktuellen Ergebnisse der Kommunal- und Europawahlen in Thüringen zeigten, dass Kritik an dieser Partei für viele von deren Wählern ohne große Bedeutung sei. Das sei ein Zeichen für die Polarisierung der deutschen Gesellschaft.

Gefahr der Normalisierung

Der Projektkoordinator der Opferberater von ezra, Franz Zobel, sagte, er erwarte, dass sich auch deshalb die Zusammenarbeit anderer Parteien mit der AfD vor allem auf kommunaler Ebene in naher Zukunft noch weiter normalisieren werde. Bei den Europawahlen war die AfD in Thüringen stärkste Kraft geworden. Auch in vielen Gemeinderäten konnte die Partei Zugewinne erzielen.

Bei den «Thüringer Zuständen» handelt es sich um einen seit 2020 jährlich herausgegebenen Sammelband, der von Mobit, ezra, dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft sowie dem Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Universität Jena gemeinsam herausgegeben wird. Er erscheint nun zum vierten Mal.

Radikalisierung von Demos

Mit Sorge beobachteten die Autoren eine Radikalisierung von Teilnehmern regelmäßiger Demonstrationen. Die Proteste gegen die politische und gesellschaftliche Situation in Deutschland seien im vergangenen Jahr kleiner, aber auch radikaler geworden. «Wir hatten in der Vergangenheit sehr viel größere Aufmärsche», sagte die Leiterin des Demokratieberatungsprojekts Mobit, Romy Arnold. Diejenigen, die noch immer regelmäßig auf die Straße gingen, täten das heute vor allem aus einer allgemeinen Unzufriedenheit über die politische und gesellschaftliche Lage in Deutschland. Dabei würden diese Menschen allerdings immer offener Verschwörungserzählungen anhängen, die im «Reichsbürger»-Milieu verbreitet seien.

«Reichsbürger» selbstbewusster

Viele dieser Demonstranten hätten sich zuletzt radikalisiert, sagte Arnold. Es sei deshalb zu beobachten, dass die «Reichsbürger»-Szene gewachsen sei «und jetzt auch deutlich selbstbewusster auftritt als in der Vergangenheit».

Als «Reichsbürger» werden Menschen bezeichnet, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Das Milieu ist vielschichtig, es gibt mehrere Menschen, die sich als Anführer innerhalb der Szene sehen und Anhänger um sich scharen. Sie alle eint aber unter anderem die Ablehnung der demokratischen Ordnung in Deutschland und der Glaube daran, dass die Bundesrepublik «besetzt» sei.

In der aktuellen, 80-seitigen Ausgabe der «Thüringer Zustände» beschreiben die Autoren auch, wie sehr der Antisemitismus im Freistaat seit dem Hamas-Terroranschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 weitere gesellschaftliche Schichten erreicht hat. «Seither hat sich in überdeutlicher Form gezeigt, dass die Anstrengungen der deutschen Mehrheitsgesellschaft nicht ausreichend waren und der Kampf gegen Antisemitismus sein Ziel nicht erreichen konnte», heißt es in einem der Aufsätze beispielsweise.

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