Der Gaza-Krieg überschattet die diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus. Es sei derzeit deutlich schwieriger als in den vergangenen Jahren, Begegnungen zwischen Juden und Muslimen in Deutschland zu organisieren, sagte der Geschäftsführende Vorstand der Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus, Jürgen Micksch, am Montag in Erfurt. Während sich Juden und Muslime in den Vorjahren bei zahlreichen Veranstaltungen gegenseitig eingeladen hätten, gebe es derartige Formate in diesem Jahr kaum. «Jüdische Menschen und jüdische Gemeinschaften sind einfach schockiert über den 7. Oktober», sagte Micksch. Gleichzeitig hätten viele muslimische Gemeinschaften Angst, dass Gläubige während der Freitagsgebete die Moscheen verlassen könnten, sollten an diesen Feiern Juden teilnehmen, weil möglicherweise Angehörige der betenden Muslime vom Gaza-Krieg betroffen seien.
Auslöser des Gaza-Kriegs war ein Massaker, das Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen, um gegen die Hamas vorzugehen. Die humanitäre Lage für die Menschen im Gazastreifen spitzt sich seit Wochen dramatisch zu.
Die Internationalen Wochen gegen Rassismus finden seit den 1990er-Jahren statt. Sie sollen die Menschen in Deutschland unter anderem dafür sensibilisieren, dass Rassismus, aber auch Antisemitismus und Antiziganismus für viele Menschen nach wie vor ein großes und alltägliches Problem sind. Die diesjährige Botschafterin für diese Woche ist Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne).
Bundesweit sind Micksch zufolge in den nächsten Wochen etwa 4000 Veranstaltungen geplant, darunter etwa 1900 religiöse Feiern, aber auch Kunstwettbewerbe und Workshops. Den bundesweiten Auftakt für die Internationalen Wochen gegen Rassismus macht eine Veranstaltung am Montagabend in Erfurt.
Denstädt sagte, gerade auch in Thüringen lebten viele Menschen in ständiger Angst vor rassistisch oder rechtsextrem motivierten Anfeindungen oder Übergriffen. Das sei nicht hinnehmbar, immerhin stünden allen Menschen die gleichen Menschenrechte zu. «Menschenrechte sind nicht teilbar», sagte Denstädt. Angesichts der politischen und gesellschaftlichen Stimmung im Freistaat sei es besonders wichtig, diejenigen in Thüringen zu unterstützen, die sich gegen jede Form von Diskriminierung einsetzten. «Wenn also nicht von hier, von wo sollte dann ein Signal ausgehen?», so die Grünen-Politikerin.
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