Wenige Tage vor der Einweihung eines NSU-Mahnmals haben zwei Landtagsabgeordnete eine weitere Aufarbeitung der Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe «Nationalsozialistischer Untergrund» gefordert. «Die Aufarbeitung der NSU-Verbrechen ist noch lange nicht abgeschlossen, wie aktuelle Informationen zu Verbindungen des NSU in die Schweiz zeigen», teilte Katharina König-Preuss am Samstag mit. Die Linke-Politikerin ist Obfrau ihrer Fraktion in den beiden Untersuchungsausschüssen zum NSU im Landtag.
Auch Madeleine Henfling, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion und ehemalige Obfrau des NSU-Untersuchungsausschusses, bezog sich auf die neuen Hinweise zum NSU. «Das ruft erneut in Erinnerung, dass die Aufklärung und gesellschaftliche Aufarbeitung weiter fortgesetzt werden müssen. Noch immer sind einige Fragen ungeklärt, insbesondere hinsichtlich der Opferauswahl und der Unterstützungsstrukturen.» Thüringen trage als «Täterland» eine besondere Verantwortung an dieser Stelle. Es dürfe keinen Schlussstrich geben.
Am kommenden Mittwoch soll auf dem Beethovenplatz beim Landtag gemeinsam mit Angehörigen der Opfer des NSU und Betroffenen der Anschläge ein Erinnerungsort eingeweiht werden. Die Landesregierung hatte für das Mahnmal 2022 einen Gestaltungswettbewerb ausgelobt und war damit einem Beschluss des Landtags nachgekommen.
Gewonnen hatte die Arbeit «Schattenwurf» des Stuttgarter Künstlerduos Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper. Angehörigen der Opfer und Betroffenen der Sprengstoffanschläge der NSU hatten die Möglichkeit, die Wettbewerbsarbeiten einzusehen. Geplant ist eine Metall-Konstruktion mit Platten, auf denen die Namen der zehn vom NSU Ermordeten zu lesen sein werden.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion und frühere Vorsitzende der beiden NSU-Untersuchungsausschüsse, Dorothea Marx, sagte laut Mitteilung von Samstag mit Blick auf das Mahnmal: «Wir setzen den Opfern nicht nur ein sichtbares Denkmal, Besucherinnen und Besucher können direkt am Denkmal genauere Informationen über die Opfer und die Geschichte der viel zu lange unbeachteten Verbrechensserie des NSU abrufen.»
Drei Kernmitglieder des NSU stammten aus Thüringen und radikalisierten sich in den 90er Jahren in Jena. Die Terrorgruppe ermordete zehn Menschen: acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer und eine Polizistin. Außerdem verübte die Terrorgruppe Sprengstoffanschläge und beging Raubüberfälle. Untergetaucht war das Trio in Sachsen.
Zwei NSU-Mitglieder töteten sich 2011 nach einem Banküberfall, um ihrer Festnahme zu entgehen. Eine weitere Frau stellte sich der Polizei, 2018 wurde sie zu lebenslanger Haft verurteilt.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten