Das Team im neuen Weimarer Museum Zwangsarbeit sieht den Start des Hauses seit Eröffnung im Mai als Erfolg. «Wir sind recht zufrieden, vor allem, wenn man darauf blickt, dass wir erst kurz von den Sommerferien gestartet sind», sagte Dorothee Schlüter, die am Haus auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
Bis Ende Juli seien 5.500 Besucherinnen und Besucher gekommen. Dazu kämen wohl mehr als 1.000 Gäste, die am Eröffnungstag und zur langen Nacht der Museen das Haus besuchten, aber nicht offiziell gezählt worden seien.
Die Zahlen werden nun deutlicher steigen, erwartet Schlüter. Nach Ende der Sommerferien stünden viele Gruppenführungen etwa für Schülerinnen und Schüler an. Auch Studierenden-Gruppen seien bereits angekündigt. «Das nimmt jetzt Fahrt auf», sagte sie.
Ein Ort für das eigene Schicksal
Das von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora getragene Museum weist eine Reihe an Besonderheiten auf, die auch Gäste aus dem Ausland anziehen, berichtete Schlüter. «Auch international ist die Resonanz wirklich gut, wir hatten schon Gruppen von Schülerinnen und Schülern aus Norwegen und Frankreich sowie internationale Einzelbesucherinnen und -besucher.»
Auch aus Tschechien und Polen seien Gäste gekommen, denn gerade auch aus den Gebieten dort verschleppten die Nazis Menschen, um sie im Deutschen Reich als billige Arbeitskräfte auszubeuten.
Frühere Betroffene, die Opfer von Zwangsarbeit wurden, und deren Angehörige besuchten das Museum ebenfalls bereits. Sie hätten sich berührt gezeigt, dass es nun einen zentralen Ort gebe, der ihre Geschichten erzähle und zeige, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine seien.
Viele hätten dem Museum auch Originaldokumente aus der Zeit angeboten, so Schlüter weiter. «Sie sind natürlich wichtig. Direkt in die Ausstellung aufnehmen können wir diese Dokumente aber nicht - aber sie können Eingang im großen Archiv der Gedenkstätte finden.»
Museum im «Täterort»
Auch die Lage des Museums weckt Interesse: Es ist nämlich im sogenannten Gauforum untergebracht. Solche Monumentalbauten wollten die Nazis überall im Deutschen Reich errichten - aber nur in Weimar wurden sie damit fast fertig.
Das Gebäude in der Innenstadt hätte der Amtssitz von Gauleiter Fritz Sauckel werden sollen, der 1942 zum «Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz» ernannt worden war. Unter seiner Regie wurden Millionen Menschen für die Zwangsarbeit verschleppt.
Anspruch des Museums als Besonderheit
Während Zwangsarbeit in verschiedenen Geschichtsinstitutionen eine Rolle spielt, beschäftigen sich mit dem Thema alleine in Deutschland nur wenige Einrichtungen. Neben Weimar ist das etwa das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin.
Das Weimarer Haus thematisiere die Zwangsarbeit in ihrer gesamten Dimension, so Schlüter. «Unsere Ausstellung beginnt eben schon mit dem Jahr 1933, um deutlich zu machen, dass die Zwangsarbeit im Nationalsozialismus keine einfache Begleiterscheinung des Krieges war, sondern von Anfang angelegt war.»
Schätzungsweise zwischen 20 und 26 Millionen Menschen mussten während des Zweiten Weltkriegs in den von den Nazis besetzten Gebieten und im Deutschen Reich Zwangsarbeit leisten. Auch Frauen und Kinder waren betroffen. Die deutsche Industrie, aber auch kleinere Betriebe und Privathaushalte profitierten von den billigen Arbeitskräften. «Die Zwangsarbeit war allgegenwärtig, sie war das öffentlichste Massenverbrechen im Nationalsozialismus», sagte Schlüter. Aufarbeitung und Entschädigung des Verbrechens hätten lange auf sich warten lassen und seien auch längst nicht abgeschlossen.
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