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Warum man Muskönigin, Meerjungfrau oder Moorprinz wird

Die Thüringer Weinprinzessin Saskia Zahn wurde erst neulich gekrönt. (Archivbild) / Foto: Bodo Schackow/dpa
Die Thüringer Weinprinzessin Saskia Zahn wurde erst neulich gekrönt. (Archivbild) / Foto: Bodo Schackow/dpa

Während der «alte Adel» heute eine eher untergeordnete Rolle spielt, sind in Thüringen Produkt- oder Regional-Majestäten äußerst beliebt. Sie dienen aber nicht nur der Folklore.

Ob für Lavendel oder Rosen, Bratwurst oder Pflaumenmus, Hopfen oder Porzellan: In Thüringen regiert eine fast unüberschaubare Anzahl verschiedenster Königinnen, Könige, Prinzessinnen und Prinzen. Einen umfassenden und aktuellen Überblick über deren Zahl gebe es nicht, heißt es von Landwirtschaftsministerium und der Thüringer Tourismus GmbH. Wichtig seien die Titel aber dennoch: «Die Produktmajestäten geben ihrer Heimat ein Gesicht», erklärt Ministeriumssprecher David Kehrberg.

Noch unübersichtlicher wird es, wenn Posten aus unterschiedlichen Gründen zeitweise oder dauerhaft nicht neu besetzt werden. So könne etwa die Thüringer Kartoffelprinzessin derzeit wegen ihrer Schwangerschaft keine Termine wahrnehmen, erklärt eine Sprecherin des Fördervereins Heichelheimer Kartoffel. Im kommenden Jahr werde der Thron voraussichtlich vakant bleiben. Bis dahin werde das «Kartoffelgefolge» aus drei Kindern die wichtigsten Amtsgeschäfte übernehmen. Eine ungefähre Zahl der Royalitäten kann daher nur geschätzt werden - aber mindestens 50 der repräsentativen Posten gibt es im Freistaat aktuell.

Keine einheitlichen Regeln

Einheitliche Regeln für Amtszeiten und Häufigkeit der Auftritte gibt es nicht. So wird etwa die Dornburger Rosenkönigin jedes Jahr neu gewählt, die Oberweißbacher Bergbahnkönigin oder der Bratwurstkönig sind dagegen schon seit mehreren Jahren im Amt. 

In den meisten Fällen drehen sich die royalen Titel um Erzeugnisse einer Region: Kartoffeln, Blumen, Salz, Sole, Milch, Wein, Wurst, Hopfen, Kirschen, Erdbeeren und Heidelbeeren sind einige der unzähligen Produkte, die von Majestäten vertreten wurden oder werden. 

Seltener stehen Regionen oder besondere Einrichtungen im Fokus - so etwa die Stauseeregion Bleiloch-Hohenwarte, in der die «Thüringer Meerjungfrau» amtiert, oder das Moorbad in Bad Lobenstein mit dem Moorprinzen. Vereinzelt sind die Majestäten auch Botschafter für gewerbliche Traditionen - wie die Schmöllner Knopfprinzessin oder die Nadelprinzessin aus Ichtershausen.

Wer sich dafür entscheidet, so ein Ehrenamt auszuüben, sollte jedenfalls Zeit mitbringen: Die Spanne der Auftritte reicht von 10 bis 50 pro Jahr. Im Falle der Rosenkönigin richte sich die Anzahl stark nach den persönlichen Lebensumständen und dem persönlichen Engagement der Königinnen und ihrer Familien. Da die Rosenköniginnen in der Regel 16 bis 18 Jahre alt seien, müssten auch die Eltern entsprechend Zeit und Möglichkeiten mitbringen, die jungen Majestätinnen auf Feste zu begleiten, erklärt Katja Sammer vom Verein Dornburger Rosenfest. Dennoch sei die Anzahl an Bewerberinnen in der Regel sehr gut.

Marketinginstrument und Botschafter auf Messen

«Die Produktmajestäten sind weiterhin ein beliebtes Marketinginstrument, um insbesondere Regionalerzeugnisse zu bewerben», erklärt Kehrberg für das Landwirtschaftsministerium. Nicht nur das Image, der Bekanntheitsgrad und der Absatz des jeweiligen Produkts könne verbessert werden. Die Royalitäten könnten auch dazu anregen, sich mit der Tradition, der Bedeutung und der Herstellung von regionalen Produkten auseinanderzusetzen - und die Titel seien für Vereine und Unternehmen eine erschwingliche und authentische Marketingmaßnahme.

Auch touristisch seien die Majestäten relevant, ergänzt Theresa Wolff von der Thüringer Tourismus GmbH. Auf nationalen oder internationalen Messen seien sie Repräsentanten ihrer Regionen oder gar des ganzen Bundeslandes und nähmen eine entsprechend wichtige Rolle bei der Vermarktung ein. Zudem könnten die Könige und Königinnen sowie Prinzessinnen und Prinzen die regionale Bindung bei Einheimischen stärken und den Aufenthalt für Gäste bereichern.

Bemerkenswert sei das große ehrenamtliche Engagement und der Zeitaufwand, der hinter dem Posten stecke, sind sich die Befragten einig. Der Adelstitel auf Zeit könne aber auch eine große persönliche Bereicherung sein: So sei es immer wieder spannend zu sehen, wie sehr diese Aufgabe junge Frauen weiterbilde und stärke, erklärt Katja Sammer für das Rosenfest.

«Innerhalb eines Jahres wandeln sich die Königinnen von schüchternen Mädchen zu wortgewandten und weltoffenen jungen Frauen.» Doch auch für ältere Majestäten sei der Posten eine gute Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen.

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