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Thüringer Obstbauern fordern Unterstützung nach Frostschäden

Durch Nachtfrost teilweise bräunlich verfärbt sind die Blütenblätter eines Apfelbaums in einer Plantage. / Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Durch Nachtfrost teilweise bräunlich verfärbt sind die Blütenblätter eines Apfelbaums in einer Plantage. / Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Die Nacht zum 23. April hat Thüringens Obstbauern in Not gebracht. Frost schädigte Kirschen, Äpfel und Zwetschgen. Nun gilt es, Insolvenzen zu verhindern.

«Im September oder Oktober ist das Geld alle. Wir haben nichts mehr zu verkaufen», schildert Axel Swoboda die dramatische Situation, in die die Frostnacht zum 23. April viele Thüringer Obstbaubetriebe gebracht hat. Noch nie in seiner etwa 40-jährigen Berufspraxis habe er so hohe Verluste durch Frost nach der Obstbaumblüte erlebt, sagte der Vorstand des Obstbaubetriebes in Kindelbrück (Kreis Sömmerda) und Vorsitzende der Thüringer Fachgruppe Obstbau am Mittwoch bei einer Art Krisentreffen in Gierstädt (Kreis Gotha). Von einem Jahrhundertereignis spricht Björn Kirchner, Vorstand der Absatzgenossenschaft Fahner Obst. Adressaten der Botschaften der beiden wohl größten Spezialbetriebe im Freistaat sind Ministerpräsident Bodo Ramelow und Agrarministerin Susanna Karawanskij (beide Linke). Es geht um Unterstützung vom Land.

«Ob das ausreicht, müssen wir 2025 sehen.»

Nachdem sich Karawanskij am vergangenen Freitag im Landtag noch nicht festgelegt hatte, nennt die Ministerin in Gierstädt, das von großen Obstbaumplantagen umgeben ist, eine Zahl: Zwei Millionen Euro könne sie aus ihrem Etat als Ad-hoc-Hilfe zur Verfügung stellen. Dafür werde eine Richtlinie für Soforthilfen aus dem Jahr 2020 reaktiviert. «Ich tue, was ich schnell bewegen kann», so die Ministerin. «Ob das ausreicht, müssen wir 2025 sehen.» Auch für das kommende Jahr sei Vorsorge zu treffen.

Etwa 15 größere Obstanbaubetriebe gibt es nach Verbandsangaben im Freistaat. Nicht nur um Gierstädt und Kindelbrück, sondern auch um das ostthüringische Schmölln oder in Schöngleina bei Jena. Zudem arbeiten Obstbaubetriebe in Oberdorla (Unstrut-Hainich-Kreis) oder im Saale-Holzland-Kreis.

Nur ostdeutsche Bundesländer betroffen

Karawanskij berichtete von der Sonderagrarministerkonferenz unter ihrer Leitung im Mai, bei der es auch um die Frostschäden bei Äpfeln, Kirschen und Zwetschgen ging und die Hoffnung, der Bund werde ein Sonderprogramm auflegen. Die Hoffnung erfüllte sich nicht - die Schäden seien nicht von nationalem Ausmaß, hieß es. Betroffen von den Folgen der Frostnacht waren demnach fast ausschließlich Betriebe in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. «Es ist nur noch einer, der uns helfen kann - und das ist das Land», sagte Swoboda. Da sei die Soforthilfe wichtig, sie müsse aber schnell kommen.

«Dazu brauchen wir die genaue Schadensmeldung», sagte Ramelow. Er verwies darauf, dass sich auch der Landtag mit der Situation beschäftigt habe und sich viele Abgeordnete für Hilfen ausgesprochen haben. Der erste Schritt sei der Erhalt der Betriebe, der zweite muss nach Ansicht des Regierungschefs eine Strategie zur Wasserversorgung der Plantagen in der Region um Gierstädt sein. Aber auch Investitionen in Solaranlagen, die über Anbauflächen gespannt werden, seien zu prüfen. Das sind sogenannte AgriPV-Anlagen, die auch bei Hagel helfen könnten. Kirchner verwies darauf, dass es in vielen Obstbaubetrieben einen Generationswechsel gegeben habe und die Betriebe offen für Neuerungen seien. Das gelte auch für Ernteversicherungen angesichts des Klimawandels oder eine Frostschutzberegnung - für die bisher aber noch nicht einmal genug Wasser vorhanden sei.

Nur 4000 statt 24.000 Tonnen Äpfel

Drastisch fielen die Schilderungen zu den Schäden aus, die durch den Frost nach der Blüte entstanden, als sich bereits kleine Früchte entwickelten. 2023 seien in Thüringen etwa 24.000 Tonnen Äpfel geerntet worden - «dieses Jahr werden es mehr als 20.000 Tonnen weniger sein», so Swoboda. Von 1700 Tonnen Kirschen seien in diesem Jahr vielleicht noch 500 Tonnen zu erwarten. Bei Zwetschgen, im Vorjahr 1600 Tonnen, drohe fast ein Totalausfall.

Der Vorsitzende der Fachgruppe bezifferte den wirtschaftlichen Schaden für die Betriebe in Thüringen auf 7,3 Millionen Euro. Das seien die Kosten, auf denen sie angesichts der Ernteausfälle voraussichtlich sitzen blieben. Zusätzlich zu Soforthilfen des Landes seien zinsgünstige Darlehen nötig, «damit der Obstbau in Thüringen nicht in Schieflage gerät».

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