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Prozess gegen «Reichsbürger»-Gruppe in Frankfurt begonnen

Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. / Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. / Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Eine Gruppe von «Reichsbürgern» plante laut Bundesanwaltschaft den gewaltsamen Umsturz. Ab Dienstag stehen unter anderem die mutmaßlichen Rädelsführer in Frankfurt vor Gericht.

Sie sollen einen gewaltsamen Umsturz mit Sturm auf den Bundestag geplant haben: Am Dienstag hat in Frankfurt am Main der bundesweit zweite Terrorprozess gegen die «Reichsbürger»-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß begonnen. Der 72-Jährige ist als einer der mutmaßlichen Rädelsführer angeklagt - er steht gemeinsam mit acht weiteren Männern und Frauen vor Gericht. 

Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, Mitglieder in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Unter den Angeklagten befinden sich Ex-Bundeswehrsoldaten sowie eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete. Für die Angeklagten gilt bis zu einem etwaigen Urteil die Unschuldsvermutung.

Der Auftakt des Prozesses am Oberlandesgericht verzögerte sich am Dienstagmorgen, weil Anwälte zuvor noch mit ihren Mandanten sprechen wollten, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Erst mit einer dreiviertel Stunde Verspätung ging es dann los. Zunächst wurden dann formale Fragen geklärt. Vorgesehen war für den ersten Verhandlungstag die Verlesung der Anklageschrift.

Eigene Staatsordnung ausgearbeitet

Ab August 2021 plante und bereitete sich die in Frankfurt angeklagte Gruppe laut Bundesanwaltschaft auf einen Umsturz am «Tag X» vor. Konkret hätte eine bewaffnete Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin eindringen sollen, um dort Abgeordnete des Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Man habe bei den Plänen bewusst Tote in Kauf genommen. Für die Pläne sollen rund 500.000 Euro und ein massives Waffenarsenal zur Verfügung gestanden haben.

In Frankfurt stehen die mutmaßlichen Rädelsführer vor Gericht, Reuß sowie Rüdiger von Pescatore, der den militärischen Arm der Gruppe geleitet haben soll. Strukturen für eine eigene Staatsordnung sollen in Grundzügen ausgearbeitet gewesen sein, als Staatsoberhaupt hätte Reuß fungieren sollen. Für das Ressort Justiz hätte die ehemalige Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann zuständig sein sollen, die ebenfalls zu den Frankfurter Angeklagten zählt. Die sogenannten Reichsbürger in Deutschland behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.

Die Anklage lautet teils auch auf Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Konkrete Vorbereitungen wie die Rekrutierung militärischen Personals hätten stattgefunden. Die Angeklagten habe eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verbunden, hieß es von der Bundesanwaltschaft: «Sie folgten einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen.» 

Zweiter von drei Prozessen

Das Verfahren ist das zweite von drei Mammutprozessen gegen die Gruppe von «Reichsbürgern»: Ende April hatte in Stuttgart der Prozess gegen mutmaßliche Vertreter des militärischen Arms begonnen. In München stehen ab dem 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe vor Gericht. Die mutmaßlichen Verschwörer waren bei einer großangelegten Anti-Terror-Razzia im Dezember 2022 aufgeflogen.

Der Verteidiger von Reuß, Rechtsanwalt Roman von Alvensleben, kritisierte vor Beginn des Prozesses in Frankfurt die Dreiteilung des Verfahrens. «Ich finde das nicht rechtsstaatlich, drei Verfahren in unterschiedlichen Bundesländern an unterschiedlichen Gerichten mit gleichem Vorwurf zu bestreiten und zu verhandeln. Was soll das für Ergebnisse bringen?»

Für den Ausnahmeprozess in Frankfurt gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen. Am Stadtrand wurde eigens eine Leichtbauhalle aus Metall mit rund 1300 Quadratmeter Fläche aufgebaut. Neben den neun Angeklagten werden fünf Richter, zwei Ergänzungsrichter und 25 Verteidiger im Prozess dabei sein. Rund 260 Zeugen sollen geladen werden. Die Dokumente zum Prozess sind laut dem Gericht in 801 Stehordnern abgelegt. Die ersten Angeklagten wurden am Dienstagmorgen gegen 7.30 Uhr unter strenger Bewachung zu der Gerichtshalle im Stadtteil Sossenheim gebracht.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) meldete sich zum Prozessbeginn zu Wort. «Es ist gut, dass sich ab heute auch die mutmaßlichen Rädelsführer der bislang größten Terrorgruppe von "Reichsbürgern" vor Gericht verantworten müssen. Die Strafprozesse an drei Oberlandesgerichten gleichzeitig haben eine neue Dimension», teilte sie mit. Es handle sich bei den Angeklagten nicht um harmlose Spinner, sondern um gefährliche Terrorverdächtige. «Unsere Sicherheitsbehörden werden ihr hartes Vorgehen fortsetzen, bis wir militante "Reichsbürger"-Strukturen vollständig offengelegt und zerschlagen haben. Keiner in dieser extremistischen Szene sollte sich sicher fühlen.» 

Nur noch neun Angeklagte in Frankfurt

Statt der ursprünglich zehn Angeklagten treten in Frankfurt neun mutmaßliche «Reichsbürger» vor die Richter. Norbert G. verstarb im März in einer Klinik, wie eine Sprecherin des Oberlandesgerichts mitteilte.

Den Übrigen drohen laut Gericht bis zu zehn Jahre Haft, wenn sie in einem Anklagepunkt schuldig gesprochen werden. Im Falle mehrerer Schuldsprüche und einer Gesamtstrafe stünden maximal 15 Jahre Haft zu Buche. 

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