Mit dem Musical-Klassiker «Anatevka» erwarten die diesjährigen Domstufen-Festspiele in Erfurt eine gute Saison. 82 Prozent der Karten für die Vorstellungen bis zum 25. August seien bereits verkauft, sagte eine Sprecherin des Theaters Erfurt auf Anfrage. «Der Vorverkauf läuft sehr erfreulich für uns.» Die Freiluft-Tribüne bietet jeweils bis zu 2.100 Gästen Platz. Die Theaterleute hoffen, dass sie mit dem Musical an den Besucherrekord der Domstufen-Festspiele von 2022 mit 44.500 Gästen anknüpfen können.
Die Premiere des Stücks am Freitagabend vor der imposanten Kulisse von Dom und Severikirche wurde von den Besuchern mit viel Applaus bedacht - das Publikum erhob sich zum Klatschen von seinen Plätzen. Etwa 100 Darsteller gestalteten die Aufführung, in der der in Ungarn geborene Máté Sólyom-Nagy vom Ensemble des Erfurter Theaters die Hauptrolle des Tevje spielte und sang. Das Bühnenbild auf den Stufen zum Dom wird von einer acht Meter langen umgestoßenen Milchkanne geprägt - als Symbol für eine aus den Fugen geratene Welt.
Regenkrimi bei der zweiten Aufführung
Weniger Glück als die Premierengäste mit dem Wetter hatten die Besucher der zweiten Aufführung am Samstag - sie erlebten einen Regenkrimi, wie die Theatersprecherin sagte. Die Aufführung musste mehrfach unterbrochen und schließlich etwa eine halbe Stunde vor dem Ende des Stücks abgebrochen werden. «Das Ensemble hat versucht, einen großen Teil zu zeigen.»
«Wenn ich einmal reich wär'»
Das Broadwaymusical erzählt die Geschichte des jüdischen Milchmanns Tevje, der 1905 in einem kleinen Fantasie-Dorf namens Anatevka lebt. Dabei sorgen Stücke wie «Wenn ich einmal reich wär'» für Ohrwürmer. In dem Musical geht es um universelle Themen wie Tradition, Familie, Generationenkonflikte, Toleranz, Empathie und Solidarität, aber auch um die Vertreibung von Juden und ihren Überlebenswillen in schweren Zeiten.
Das 1964 uraufgeführte Stück mit dem Originaltitel «Fiddler on the Roof» von Komponist Jerry Bock und Librettist Joseph Stein basiert auf Geschichten des jiddischen, aus der heutigen Ukraine stammenden Literaten Scholem Alejchem.
Bezug zu Erfurt
Das Musical passt thematisch gut nach Erfurt: Historische Stätten jüdischen Lebens in Thüringens Landeshauptstadt, darunter die alte Synagoge, gehören seit knapp einem Jahr zum Unesco-Welterbe.
Inszeniert wurde «Anatevka» in Erfurt von Ulrich Wiggers, mit Choreografien von Kati Heidebrecht. Das Bühnenbild gestaltete Leif-Erik Heine, die Kostüme Jula Reindell. Insgesamt sind nach Angaben des Theaters Erfurt 20 Aufführungen geplant.
Laut Sprecherin hat das Ensemble mehrere Regen-Szenarien vorbereitet. Beispielsweise sei bei nötigen Unterbrechungen - die auch dem Schutz von Sängern und Tänzern auf nassen Stufen dienen - ein Wiedereinstieg an bestimmten Stellen möglich. Sollte eine Aufführung abgesagt werden müssen oder könnten weniger als 40 Minuten gespielt werden, bekämen die Besucher das Geld für ihre Karten zurück.
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