Die Thüringer SPD zieht mit Carsten Schneider an der Spitze in den Bundestagswahlkampf. Der derzeitige Ostbeauftragte der Bundesregierung erhielt auf einem Parteitag in Erfurt 166 von 192 Stimmen - das entspricht einer Zustimmung von 86,4 Prozent.
Insgesamt 18 Delegierte stimmen gegen ihn, es gab acht Enthaltungen. In seiner Bewerbungsrede hatte Schneider die Delegierten zuvor dazu aufgefordert, sich von den schlechten Umfragewerten seiner Partei nicht verunsichern zu lassen. Um den zweiten Platz der SPD-Liste gab es eine Kampfkandidatur.
«SPD ist immer am Ende da, wo das Ergebnis sein soll»
Die Umfragen seien für die Sozialdemokraten vor Bundestagswahlen nie gut, sagte Schneider. Das habe sich zuletzt aber regelmäßig kurz vor dem Wahltermin geändert. «Die SPD ist immer am Ende da, wo das Ergebnis sein soll.»
Seine Partei habe die Chance, verloren gegangenes Vertrauen von Wählern zurückzugewinnen, sagte Schneider. Das liege auch daran, dass viele Wähler nicht mehr auf eine Partei festgelegt seien und die CDU derzeit schwach sei.
Kampfkandidatur um Platz zwei
Schneider sitzt seit 1998 als Abgeordneter im Bundestag und war bereits mehrfach Spitzenkandidat der Thüringer SPD für Bundestagswahlen. Der gelernte Bankkaufmann war in der Vergangenheit unter anderem haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und deren erster parlamentarischer Geschäftsführer. Seit 2021 ist er Ostbeauftragter der Bundesregierung.
Um den Listenplatz zwei kandidierten die SPD-Bundestagsabgeordneten Elisabeth Kaiser und Tina Rudolph. Schließlich setzte sich dabei Kaiser mit einem Vorsprung von fünf Stimmen gegenüber Rudolph durch. Auf Platz drei der Liste wählten die Delegierten den SPD-Bundestagsabgeordneten Holger Becker.
Maier kritisiert die Linken
Vor der Wahl der Liste hatte Thüringens SPD-Vorsitzender Georg Maier insbesondere die Linken scharf attackiert. Die Partei dürfe bei der vorgezogenen Bundestagswahl nicht wieder in den Deutschen Bundestag einziehen, sagte er. Sollte die Partei dort wieder vertreten sein, könne das zu sehr komplizierten Mehrheitsverhältnissen führen.
Deshalb müsse die SPD «alles dafür tun», um den Wiedereinzug der Linken zu verhindern. Die Landes-SPD könne ihren Beitrag dazu leisten, indem sie den Linke-Politiker Bodo Ramelow aus dem Bundestag fern halte.
Ramelow bewirbt sich im Zuge der «Mission Silberlocke» der Linken in einem Wahlkreis in Mittelthüringen um ein Direktmandat für seine Partei. Im gleichen Wahlkreis wird sich Schneider um ein Direktmandat bewerben.
Was ist die «Mission Silberlocke»?
Die Idee hinter der «Mission Silberlocke»: Wenn Ramelow ebenso wie die Linke-Politiker Gregor Gysi und Dietmar Bartsch jeweils ein Direktmandat gewinnen, würde die Linke auch dann in den Bundestag einziehen, wenn sie bei den Zweitstimmen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würden.
In Thüringen haben Linke und SPD gemeinsam mit den Grünen zwischen 2014 und 2024 als rot-rot-grüne Koalition regiert. Seit wenigen Tagen ist die SPD Teil des ersten Brombeer-Bündnisses in Deutschland und regiert den Freistaat gemeinsam mit CDU und BSW.
Die Partei soll eigentlich eine Brücke zwischen dem Brombeer-Bündnis und den Linken sein, weil die Koalition im Landtag über keine eigene Mehrheit verfügt und auf die Stimmen der Linken angewiesen ist, um Mehrheiten jenseits der AfD zu erreichen.
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