Thüringens FDP geht mit Ex-Kurzzeitministerpräsident und Landesparteichef Thomas Kemmerich als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 1. September. Der 59-Jährige wurde am Samstag auf einem Parteitag in Weimar mit rund 89,5 Prozent der Delegiertenstimmen auf Nummer eins der Landesliste gewählt. Kemmerich erhielt 120 von 134 gültigen Stimmen, 13 Delegierte stimmten gegen ihn, es gab eine Enthaltung.
Einen Gegenkandidaten hatte der in Aachen geborene Unternehmer, der auch Sprecher der FDP-Gruppe im Landtag ist, nicht. Nach Parteiangaben erzielte Kemmerich ein besseres Ergebnis als bei der Nominierung für die Landtagswahl vor fünf Jahren, als er 80,5 Prozent der Stimmen erhalten habe.
Optimismus trotz schlechter Umfragewerte
Trotz aktuell schlechter Umfragewerte zeigte sich Kemmerich optimistisch, dass seine Partei den erneuten Einzug in den Landtag schafft. Er bekräftigte den FDP-Anspruch, «acht bis zehn Prozent» der Stimmen zu holen. «Ich glaube, dass wir all jene, die an Umfragen glauben, eines Besseren belehren werden», sagte er. «Wir lassen uns keine Angst machen, wir haben gute Kandidaten vor Ort.»
Er setze dabei neben inhaltlichen Themen wie einer besseren Bildungspolitik mit weniger Unterrichtsausfall und dem digitalen Ausbau von öffentlichen Verwaltungen auch auf seinen persönlichen Bekanntheitsgrad. Ähnlich sah es eine Parteitagsdelegierte. «Die einzige Chance, über fünf Prozent zu kommen, ist Thomas Kemmerich», sagte sie in der Diskussion.
Umfragen sahen die Liberalen zuletzt bei zwei bis drei Prozent, die Hürde für den Einzug in den Landtag liegt bei fünf Prozent. Umkämpft war der zweite Listenplatz, den sich die stellvertretende Landesvorsitzende Petra Teufel aus Jena in einer Stichwahl sicherte. Auf Platz drei wurde der Landtagsabgeordnete Robert-Martin Montag gewählt, der sich als Gesundheitspolitiker einen Namen gemacht hat. Die Landtagsabgeordneten Franziska Baum und Dirk Bergner folgen auf den Plätzen vier und fünf.
Die Liste umfasst nach Parteiangaben 40 Kandidaten. Bei der Landtagswahl 2019 waren die Liberalen nur äußerst knapp als kleinste Fraktion mit zunächst fünf Abgeordneten ins Landesparlament eingezogen. Nach dem Austritt einer Abgeordneten haben sie inzwischen den Fraktionsstatus verloren und sind nur noch parlamentarische Gruppe.
Wunschkonstellation für Koalition bekräftigt
Kemmerich bekräftigte das Ziel einer «Koalition der Mitte» aus CDU, FDP und SPD, «notfalls auch als Minderheitsregierung». Eine Koalition mit dem neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schloss Kemmerich erneut aus. Das BSW sei eine «Linke 2.0», sagte er. Erst recht sei die Linke, die in Thüringen seit zehn Jahren mit SPD und Grünen regiert, kein Partner für die FDP. Auch den Grünen - mit denen die Partei neben der SPD die Bundesregierung bildet - erteilte er neuerlich eine Absage.
Nach der Landtagswahl hatte Kemmerich bundesweite Proteste ausgelöst, als er im Februar 2020 maßgeblich mit Stimmen der AfD zum Kurzzeitministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde. Unter dem Druck der Proteste und auch aus der Bundes-FDP trat er wenige Tage später zurück.
Auf finanzielle Hilfe der Bundespartei im anstehenden Landtagswahlkampf kann der Landesverband nicht rechnen. Sie hatte angekündigt, die Thüringer Freidemokraten nicht aus ihrem Kampagnenfonds zu unterstützen. Die nötigen Mittel sollen nun durch Spenden eingeworben werden. Benötigt würden etwa 600 000 Euro, sagte Kemmerich. Davon seien 60 Prozent - rund 360 000 Euro - bereits eingeworben. «Ich bin sehr sicher, dass wir das Spendenziel erreichen werden», sagte Kemmerich.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten