Plätze zur Kurzzeitpflege von normalerweise zu Hause versorgten Pflegebedürftigen in Einrichtungen bleiben aus Sicht von Angehörigen in Thüringen ein Problem. Der Bedarf steige, sagte Sigrun Fuchs, Vorstandsmitglied des Angehörigen-Selbsthilfeverbandes «Wir pflegen» in Thüringen, der Deutschen Presse-Agentur. Dabei spiele die Urlaubszeit nicht einmal die Hauptrolle. «Es wäre ja schön, wenn es nur darum ginge, aber es ist sehr viel ernster.» Immer häufiger werde die vorübergehende stationäre Betreuung allerdings benötigt, um pflegende Angehörige von eigenen gesundheitlichen Problemen zu entlasten.
«Zum Beispiel, wenn sie selbst ins Krankenhaus müssen und die Pflegebedürftigen dann nicht betreuen können», erläuterte Fuchs. «Da sind die Leute echt in Not.» Viele pflegende Angehörige stünden schließlich selbst schon im höheren Lebensalter. In Thüringen leben schätzungsweise 275.000 Menschen, die sich um pflegebedürftige Familienmitglieder kümmern.
Oft werde das Thema akut, wenn alte Menschen nach einem Klinikaufenthalt plötzlich zum Pflegefall würden und Angehörige die Versorgung kurzfristig klären müssten, so Fuchs. Sie verweist darauf, dass Kliniken pflegebedürftige Patienten nicht entlassen dürften, wenn die anschließende Versorgung nicht gewährleistet sei.
Anspruch auf Unterstützung durch Pflegekassen
Pflegende Angehörige, die Urlaub machen oder wegen Krankheit ausfallen, haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf unterstützende Leistungen der Pflegekassen. Eine Möglichkeit ist die Kurzzeitpflege, bei der Pflegebedürftige vorübergehend in Einrichtungen stationär versorgt werden - entweder in speziell dafür eingerichteten Einrichtungen oder in klassischen Pflegeheimen. In Thüringen gibt es nach Angaben des Sozialministeriums acht Einrichtungen mit insgesamt 130 Plätzen, die ausschließlich Kurzzeitpflege betreiben - unter anderem in Weißensee, Eisenberg, Bad Sulza und Suhl.
Allerdings zeigt sich ein Widerspruch: Während der Selbsthilfeverband auf einen steigenden Bedarf verweist, macht den allein auf Kurzzeitbetreuung spezialisierten Einrichtungen die mangelnde Auslastung zu schaffen. Laut Sozialministerium waren sie in den vergangenen Jahren im Schnitt teils zu weniger als 50 Prozent belegt, vor allem in der Corona-Pandemie mit ihren Einschränkungen.
Für Anbieter oft unwirtschaftlich
Um wirtschaftlich zu arbeiten, benötigten sie allerdings eine Auslastung von mindestens 98 Prozent, sagte Anja Benke vom Pflegestützpunkt Weimar, die Familien in Pflegefragen berät und dabei auch mit Fragen zur Kurzzeitpflege konfrontiert wird. Die Belegung sei jedoch schwer planbar, zugleich müsse Personal vorgehalten werden und der Verwaltungsaufwand sei bei einem Kurzaufenthalt ebenso hoch wie bei einem Daueraufenthalt in einem Pflegeheim, erläuterte auch Sigrun Fuchs. «Die reine Kurzzeitpflege rechnet sich für die Anbieter oft nicht.»
Nach einer im Januar veröffentlichten Prognose des Statistischen Landesamtes werden in Thüringen im Jahr 2042 rund 211.000 Pflegebedürftige leben. Das entspricht einem Anstieg von 27 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021, als rund 166.000 Pflegebedürftige im Freistaat gelebt hatten.
Der Prognose zufolge sind im Jahr 2042 rund 33.200 Menschen auf Heimpflege angewiesen, 49.900 auf ambulante Pflege durch einen Pflegedienst. 128.200 werden dann voraussichtlich Pflegegeld erhalten, das zur häuslichen Pflege durch Angehörige, Freunde oder andere Ehrenamtler eingesetzt werden kann.
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