Das zum Welterbe zählende Stadtschloss Weimar soll nach seiner Sanierung voraussichtlich schrittweise für Besucher geöffnet werden. Es werde eine «kaskadenartige Eröffnungssituation» angepeilt, sagte die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, Ulrike Lorenz, am Dienstag in Weimar bei einer Führung durch die Baustelle. Die Hoffnung sei, die grundsätzlichen Sanierungsarbeiten an der ehemaligen Herzogsresidenz 2025 fertigstellen zu können und ein Jahr später das Erdgeschoss mit dem neuen Eingangsbereich zu eröffnen. Gleichzeitig solle bis 2027 Einbauten für Museumsräume entstehen und Sammlungsstücke ins Schloss zurückkehren. 2027 wäre dann die erste große Sonderausstellung im sanierten Schloss denkbar.
140 Millionen Euro stehen der Stiftung für die Ertüchtigung zur Verfügung. Lorenz machte am Dienstag deutlich, dass auch nicht mit einem nennenswerten Zuschuss von Land oder Bund zu rechnen sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Kosten für den erstes und aktuell laufenden Bauabschnitt teurer als kalkuliert werden, so Lorenz. 56 Millionen statt 40 Millionen Euro werden die Arbeiten im ältesten Teil, dem Ostflügel, wohl kosten. Allgemein gestiegene Baukosten führten mit zu der Steigerung, vor allem aber sei der Schlossbereich stark von Schwamm befallen. Bleiben noch 85 Millionen für die übrigen drei Flügel. Die Expertinnen der Stiftung gehen aber davon aus, dass die Bausubstanz dort deutlich weniger unter Pilzbefall leide.
Lorenz sieht die Zukunft des Stadtschlosses als «Multifunktionskomplex». Es soll kostenlos zugängliche Bereiche geben, die zum Flanieren einladen. Fahrstühle sollen Barrierefreiheit schaffen. Veranstaltungsräume, Mietmöglichkeiten für Konferenzen etwa und mehr Arbeitsflächen für Stiftungsmitarbeiter sind geplant. «Museumsschlösser gibt es in Thüringen genug», so Lorenz' Auffassung.
Das Stadtschloss wurde über viele Jahrhunderte immer wieder verändert. Mehrere Brände ließen nur noch Grundmauern übrig. Bei einer Jahrhundertflut hinterließ das Wasser der benachbarten Ilm erhebliche Schäden. Sogar Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe war als Leiter einer Schlossbaukommission mit dem Wiederaufbau beschäftigt. «Selbst die Geschichte Buchenwalds spiegelt sich im Stadtschloss wider», sagte Lorenz. Tatsächlich hatten Häftlinge des bei Weimar gelegenen Konzentrationslagers in der NS-Zeit einen Bunker im mittelalterlichen Untergeschoss des Schlosses einbauen müssen. Teile des Bunkers wurden bei der Sanierung freigelegt und sollen auch erkennbar bleiben.
Überhaupt sollen viele Spuren früherer Epochen und Ereignisse am Gebäude erhalten bleiben. Es gehe darum, eine lesbare Entwicklung der Schlossgeschichte abzubilden und wichtige Abschnitte frei zu schälen, erklärte Franz Jaschke von Brenne Architekten das Sanierungskonzept. So sollen auch Spuren des großen Brands von 1774 nicht verschwinden.
Das Stadtschloss ist seit 2018 wegen der Ertüchtigung für die Öffentlichkeit geschlossen. Gäste können bei Führungen allerdings die sogenannten Dichterzimmer und seit Ostern 2023 auch die Schlosskapelle besichtigen. Die Klassik Stiftung hat im Schloss ihren Verwaltungssitz.
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