Die Thüringer CDU hat einem Vertrag für eine Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD zugestimmt. Landesparteichef Mario Voigt kommt seinem Ziel zur Bildung einer neuen Landesregierung unter seiner Führung damit einen weiteren Schritt näher. «Nach Jahren des Stillstands haben wir die Chance, ein Fenster aufzustoßen zu einem neuen Kapitel für die Thüringer Landesgeschichte», sagte Voigt vor rund 80 CDU-Mitgliedern bei einem Landesausschuss, einer Art kleiner Parteitag.
Die CDU machte als erste der drei Parteien den Weg für eine Koalition frei. Von den 38 stimmberechtigten Delegierten stimmen 37 für den Koalitionsvertrag, der Südthüringer CDU-Kreisvorsitzende Ralf Liebaug stimmte gegen das Papier. Er zeigte sich skeptisch zu einem Bündnis mit der Wagenknecht-Partei. Er habe immer für eine Minderheitsregierung von CDU und SPD geworben, sagte er am Rande der Veranstaltung. «Man hat sich jetzt für einen anderen Weg entschieden, das akzeptiere ich als Demokrat.»
Machtoption nach zehn Jahren Opposition
Das BSW will kommendes Wochenende über den Koalitionsvertrag entscheiden, bei der SPD läuft noch ein Mitgliederentscheid bis 9. Dezember. Voigt könnte noch vor Weihnachten zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Seine CDU würde damit nach zehn Jahren in der Opposition an die Macht im Freistaat zurückkehren. Voigts angestrebtes Bündnis hätte im Parlament aber keine eigene Mehrheit. Die drei potenziellen Partner kommen auf 44 der 88 Sitze im Landtag, womit zwischen einer möglichen Regierungskoalition und der Opposition aus AfD und Linke ein Patt entstehen würde. Die Linke vom bisherigen Amtsinhaber Bodo Ramelow war bei der Landtagswahl auf den vierten Platz gelandet. Stärkste Kraft war erstmals in einem Bundesland die AfD mit ihrem Landesparteichef Björn Höcke geworden.
Voigt warb in Erfurt für die in Deutschland ungewöhnliche Brombeer-Koalition. Es sei «kein Bündnis der Bequemlichkeit sein, sondern es wird eine Allianz der Tat», sagte er. «Wir wollen mehr Pragmatismus in der Thüringer Politik und weniger Ideologie.» Die Verhandlungen für die angestrebte Koalition galten als nicht einfach. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hatte von Berlin aus Bedingungen gestellt - vor allem beim Thema Krieg und Frieden. Ein Sondierungspapier ging ihr nicht weit genug, inzwischen zeigte sie sich mit dem Koalitionsvertrag aber zufrieden.
Personalien für Ministerien noch nicht entschieden
Voigt sagte, die Menschen in Thüringen erwarteten Veränderung und einen Neuanfang. Er kündigte unter anderem an, in Thüringen Haftplätze für straffällig gewordene Geflüchtete schaffen und den Unterrichtsausfall an Thüringer Schulen bekämpfen zu wollen. Voigt sprach auch die Krisen und Kriege in der Welt an. Die Menschen seien besorgt und wünschten sich eine handlungsfähige und stabile Regierung in Thüringen.
Noch nicht entschieden sind die Zuschnitte und Personalien für die Ministerien. Dazu werden kommende Woche noch Gespräche der Parteispitzen erwartet. Voigt sagte: «Für mich ist wichtig, dass wir eine handlungsfähige Regierung hinbekommen und das werde ich mit den Partnern ganz in aller Ruhe und aller Verlässlichkeit besprechen.»
Mehrere CDU-Delegierte sprachen sich beim Landesausschuss dafür aus, dass die CDU die Ressorts Wirtschaft und Finanzen erhält. Dem Vernehmen nach haben alle drei Parteien Interesse am Wirtschaftsressort angemeldet.
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