Die künftigen Thüringer Koalitionspartner CDU, BSW und SPD können nicht auf Hilfe der Linken bei ihrem Vorhaben hoffen, einen Schlussstrich unter noch anhängige Corona-Bußgeldverfahren zu ziehen. Die Partei werde dieses Vorhaben «ganz sicher nicht» unterstützen, sagte Parteichefin Ulrike Grosse-Röthig der Deutschen Presse-Agentur.
Würden noch offene Verfahren eingestellt, sei dies im höchsten Maße ungerecht gegenüber allen Menschen, die sich während der Pandemie an die geltenden Schutzmaßnahmen gehalten hätten, um etwa alte und kranke Menschen vor einer Ansteckung zu bewahren. «Das entspricht nicht unserem Verständnis von Gerechtigkeit», sagte Grosse-Röthig.
Laut Koalitionsvertrag haben sich CDU, BSW und SPD darauf verständigt, «einen Schlussstrich unter die juristischen Folgen der Corona-Pandemie ziehen» zu wollen. «Noch offene oder noch anhängige Bußgeldverfahren sollen nicht weiterverfolgt beziehungsweise deren Einstellung angeregt werden», heißt es in dem Vertrag. Zudem wollen die Koalitionspartner prüfen, «ob ein Amnestie-Gesetz in diesem Zusammenhang notwendig ist».
Weil ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD keine eigene Landtagsmehrheit hat, wären die neuen Partner bei der Verabschiedung eines Amnestie-Gesetzes auf die Unterstützung der Linken angewiesen, sollte ein solches Vorhaben nicht mit Stimmen der AfD durchgesetzt werden. Eine Zusammenarbeit mit der AfD haben alle drei potenziellen Partner aber ausgeschlossen.
Grosse-Röthig warnte davor, die Staatsanwaltschaften anzuweisen, noch anhängige Corona-Bußgeldverfahren einzustellen. «Das würde zu einem massiven Vertrauensverlust in den Rechtsstaat führen.» Weil die Staatsanwaltschaften – anders als die unabhängigen Gerichte – nachgeordnete Behörden des Justizministeriums und Teil der Landesverwaltung sind, wäre eine solche Weisung in der Theorie denkbar. Für den Beschluss eines Amnestie-Gesetzes ist dagegen eine Mehrheit im Landtag notwendig.
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